Dr. Max Thun-Hohenstein: „Wenn ich ein Pferd wäre, wüsste ich, was ich mit mir zu tun hätte“. Prof. Rudolf Klapp: „Na dann tun Sie’s halt!“
Diese Problemstellung thematisierte der Bewegungsforscher, Arzt, Philosoph und Pionier Max Thun-Hohenstein 1923 auf dem Ersten Sportärztelehrgang an der Hochschule für Leibesübungen in Berlin nach einem Reitunfall, von dem eine Bewegungseinschränkung in der Schulter zurückgeblieben war. Von Kind auf mit Pferden vertraut wusste er, dass man ein lahmes Pferd wieder zur vollen Leistungsfähigkeit führen kann, wenn man es in allen seinen Gangarten gut dosiert bewegt. Die Voraussetzung ist jedoch dass die Bewegungen unverfälscht sind. Zum Unterschied vom Tier, das sich seiner Natur gemäß bewegt, hat sich der Mensch durch die Aufrichtung und der damit verbundenen Zivilisation seiner artgemäßen Bewegung entfremdet. Nach der lapidaren Antwort des Chirurgen Prof. Klapp stand er also vor der Frage nach den angeborenen Bewegungen des Menschen. Als er nun keine Antwort bekam, denn die Frage selbst war neu, begann er die Bewegungen der Lebewesen von den Urbewegungen des Wälzens über das Kriechen und dem Gang auf allen Vieren bis zur Aufrichtung der Evolution folgend zu erforschen. Seine Bewegungseinschränkung löste sich auf einer Paddelbootfahrt von Passau nach Wien durch entsprechende Bewegung und Naturnähe von selbst. Nachdem er die vergleichende Beobachtung von tierischer und menschlicher Bewegung für sich abgeschlossen hatte, wendete er sich geometrischen Formen zu. Sein plötzlicher Tod verhinderte jedoch diese Fortsetzung seiner Forschung, die vom organischen Körper zur Gestalt, die an das Göttliche grenzt, führen sollte.